Rechtsurteile und steuerliche Informationen für gewerbliche Dienstleistungsunternehmen

Die Rückabwicklung eines noch nicht beiderseits vollständig erfüllten Kaufvertrags ist aus der Sicht des früheren Veräußerers keine Anschaffung der zurückübertragenen Anteile, sondern sie führt bei ihm zum rückwirkenden Wegfall eines bereits entstandenen Veräußerungsgewinns; beim früheren Erwerber liegt keine Veräußerung vor (BFH, Urteil vom 06.12.2016 – IX R 49/15; veröffentlicht am 17.05.2017).

Vermietet ein Unternehmer, der zugleich einziger Geschäftsführer einer in seinem alleinigen Anteilsbesitz stehende GmbH ist, an diese Gesellschaft eine Einliegerwohnung mit einer Geschäftsfläche von ca. 60 qm, so liegen neben der finanziellen und organisatorischen Eingliederung auch die für eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft zwischen ihm und der GmbH zu fordernden Voraussetzungen der wirtschaftlichen Eingliederung vor, wenn die GmbH in diesen Räumen den Sitz ihrer Geschäftsführung hat (FG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2016 – 5 K 1904/14 U; rkr).

Eine Personengesellschaft, die ihren Kunden im Rahmen einheitlicher Aufträge nicht nur Übersetzungen in Sprachen liefert, die ihre Gesellschafter beherrschen, sondern – durch Zukauf von Fremdübersetzungen – regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang auch in anderen Sprachen, ist gewerblich tätig (BFH, Urteil vom 21.02.2017 – VIII R 45/13; veröffentlicht am 07.06.2017).

Ist der 10.01. des Folgejahres als gesetzlicher Fälligkeitstermin für eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung für einen Voranmeldungszeitraum des laufenden Jahres ein Samstag oder Sonntag, so ist im Wege teleologischer Reduktion die Norm des § 108 Abs. 3 AO im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG vorliegen, nicht anwendbar (Anschluss an Thüringer FG, Urteil vom 27.01.2016 – 3 K 791/15). Wird diese Umsatzsteuervorauszahlung im Folgejahr noch vor dem 10.01. überwiesen, darf sie bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, also bei Einnahmenüberschussrechnern, daher bereits im laufenden Wirtschaftsjahr als Betriebsausgabe abgezogen werden (Sächsisches FG, Urteil vom 22.11.2016 – 3 K 1092/16; Revision zugelassen).

Bei Flüchtlingen und anderen Arbeit-nehmern, deren Muttersprache nicht deutsch ist, sind Bildungsmaßnahmen zum Erwerb oder zur Verbesserung der deutschen Sprache dem ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers zuzuordnen, wenn der Arbeitgeber die Sprachkenntnisse in dem für den Arbeit-nehmer vorgesehenen Aufgabengebiet verlangt (vgl. BMF, Schreiben vom 04.07.2017 – IV C 5 – S 2332/09/10005).

Das Finanzgericht Düsseldorf erkennt in einem selbst erstrittenen Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung an (Beschluss vom 10.11.2016 – Az.: 15 V 2120/16 A (F)), dass sich ein Treuhänder erfolgreich auf das Treuhandverhältnis berufen kann, welches er in seiner Eigenschaft als Treuhänder und Geschäftsführer der Treugeberin, also bei Vorliegen eines sogenannten Insichgeschäfts im Sinne von § 181 BGB, vereinbart hat. Entsprechend unserer Argumentation hebt das Finanzgericht hervor, dass der Treuhänder der Treugeberin gegenüber unabhängig davon weisungsgebunden ist, welche Person die Geschäftsführung bei der Treugeberin ausübt (bei Vertragsschluss er selbst; später ggf. ein Dritter). Genauso zieht das Finanzgericht den von uns bemühten Vergleich zu einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer Ein-Mann-GmbH für die Wirksamkeit der Treuhandvereinbarung heran, da in diesem Verhältnis trotz der Beteiligung derselben Person auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts die Wirksamkeit bei einer Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB allgemein anerkannt ist.

Bei einer Gewinnermittlung mittels Einnahmenüberschussrechnung mindert eine Umsatzsteuerzahlung, die einen Voranmeldungszeitraum des laufenden Jahres betrifft, am 10.1. des Folgejahres fällig und vom Finanzamt per Lastschrift auch am 10.1. des Folgejahres abgebucht worden ist, als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe i.S.d. § 11 Abs. 2 S. 2 EStG den Gewinn des laufenden Jahres. Hat der Unternehmer in seiner elektronisch eingereichten Gewinnermittlung diese Umsatzsteuerzahlung nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt, war dem Finanzamt aber aufgrund der zeitgleich eingereichten Umsatzsteuererklärung bekannt, dass die streitige Umsatzsteuerzahlung per Lastschrift geleistet worden ist, liegt eine offenbare Unrichtigkeit i.S.d. § 129 AO vor, wenn das Finanzamt im Gewinnfeststellungsbescheid bzw. Einkommensteuerbescheid die am 10.1. des Folgejahres abgebuchte Umsatzsteuerzahlung nicht als Betriebsausgabe des laufenden Jahres berücksichtigt hat. § 129 AO ist auch dann anwendbar, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt; insoweit sind für die Beurteilung der Fehlerhaftigkeit nicht nur die Unterlagen zu berücksichtigen, die dem Finanzamt bei der betreffenden Steuerart vorliegen, sondern auch Unterlagen zu anderen Steuerarten (hier: Umsatzsteuererklärung) (vgl. FG Sachsen, DStRE 2016, 1200).

Die Regelung des § 15 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 4 UStG, dass der Vorsteuerabzug bei Fehlen der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auf der Rechnung bei Berichtigung nicht mit Rückwirkung möglich ist, verstößt gegen Art. 167, 178 Buchst. a, Art. 179 und Art. 226 Nr. 3 MwStSystRL und ist damit europarechtswidrig. Mithin muss der Vorsteuerabzug bei einer Berichtigung mit Rückwirkung möglich sein (vgl. EuGH, Urteil vom 15.09.2016, C-518/14, DStR 2016, 2211)

Sind einem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft aus seiner Beteiligung ausschließlich verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zugeflossen, die der Gesellschafter als Einnahmen aus einer anderen Einkunftsart als den Kapitaleinkünften erklärt hat und die erst nachträglich zutreffend als Kapitalerträge besteuert werden, kann der Steuerpflichtige sein Wahlrecht zur Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren solange ausüben, bis der Einkommensteuerbescheid des Veranlagungszeitraums formell und materiell bestandskräftig ist (vgl. FG München, Urteil v. 15.06.2016 – 9 K 190/16; Revision zugelassen).

 

Ein Steuerpflichtiger kann eine Rücklage nach § 6c Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 6b Abs. 3 EStG rückwirkend bilden, wenn sich der Veräußerungspreis in einem späteren Veranlagungszeitraum erhöht und dadurch erstmals ein Veräußerungsgewinn entsteht (BFH, Urteil vom 10.03.2016 – IV R 41/13, veröffentlicht am 13.07.2016).