Rechtsurteile und steuerliche Informationen zum Steuerstrafrecht und zum steuerlichen Haftungsrecht

Bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung müssen die Urteilsfeststellungen nachvollziehen lassen, ob bzw. in welcher Höhe es zu einer Steuerverkürzung gekommen ist (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2013, AZ.: 1 StR 68/13, PStR 2013, Seite 195). Dies bedeutet, dass in den Urteilsgründen die Tatsachen mitzuteilen sind, aus denen sich die Höhe der durch die pflichtwidrige Nichtabgabe der Erklärungen hinterzogenen Steuer ergibt. Aufbauend auf diese Tatsachen ist sodann die Soll-Steuer zu bestimmen. Dabei ist es Aufgabe des jeweiligen Tatrichters, die Steuer selbstständig zu berechnen.

Zufallserkenntnisse aus der Telefonüberwachung eines Strafverfahrens gegen Dritte, die sich nicht auf eine Katalogtat nach § 100a StPO beziehen, dürfen im Besteuerungsverfahren nicht verwendet werden (vgl. BFH, Urteil vom 24.04.2013, AZ.: VII B 202/12, PStR 2013, Seite 197). Nach § 393 Abs. 3 Satz 2 AO dürfen Erkenntnisse aus einem Strafverfahren von den Finanzbehörden zwar grundsätzlich auch im Besteuerungsverfahren verwendet werden; doch setzt dies voraus, dass die entsprechenden Informationen unter Einhaltung der Vorschriften der StPO erteilt wurden. Liegt ein Verstoß gegen die Vorschriften der StPO vor, ergibt sich auch für das Besteuerungsverfahren ein Beweisverwertungsverbot.

Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen muss der Lieferer für die Inanspruchnahme des Vertrauensschutzes in gutem Glauben handeln und alle Maßnahmen ergreifen, die vernünftigerweise verlangt werden können, um sicher zu stellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt. Im vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte sich der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Käufers geben lassen und diese überprüft. Daneben lag dem Lieferer ein Auszug aus dem luxemburgischen Handelsregister genauso wie eine Kopie des Personalausweises des Geschäftsführers vor. Da der Kontakt zum Abnehmer jedoch ausschließlich über ein Mobiltelefon und ein Telefaxgerät mit jeweils deutscher Vorwahl erfolgte, sah der Bundesfinanzhof eine Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt. Denn ein sorgfältig handelnder Lieferer hätte aufgrund dieses Umstandes am Vorliegen einer Geschäftsbeziehung zu einer in Luxemburg ansässigen Gesellschaft gezweifelt. Nach dem Bundesfinanzhof kann in einem solchen Fall verlangt werden, dass der Lieferer den Kontakt mit dem Geschäftssitz des angeblichen Käufers sucht und hierdurch hätte feststellen können, dass der Geschäftssitz nicht existiert (vgl. BFH, Urteil vom 25.04.2013 – V R 28/11; veröffentlicht am 19.06.2013).

Einem Empfänger einer Rechnung, welche sich über einen in eine Steuerhinterziehung des Rechnungsausstellers einbezogenen Umsatz verhält, kann der Vorsteuerabzug aus der betroffenen Rechnung grundsätzlich nicht versagt werden, wenn er die Steuerhinterziehung weder kannte noch kennen musste. Wird der Vorsteuerabzug streitig, ist es Sache des entscheidenden Gerichts anhand objektiver Gesichtspunkte zu prüfen, ob der Rechnungsempfänger wusste oder wissen musste, dass der entsprechende Umsatz in eine Steuerhinterziehung einbezogen war (vergleiche EuGH Urteil vom 31.01.2013 – Rs. C-643/11 und C-642/11).

Übernimmt eine GmbH für ihren Geschäftsführer, dem eine Straftat zugunsten der GmbH vorgeworfen wird, die Strafverteidigerkosten steht ihr kein  Vorsteuerabzug aus der Rechtsanwaltsrechnung zu (vergleiche EuGH, Urteil vom 21.02.2013 – Rs. C-104/12). Dies begründet der EuGH damit, dass die Anwaltsdienstleistung direkt und unmittelbar dem Schutz der privaten Interessen des Geschäftsführers als Beschuldigtem diente, da sich die Strafverfolgungsmaßnahmen nur gegen den Geschäftsführer persönlich und nicht gegen die GmbH richteten. Aus diesem Umstand schlussfolgerte der EuGH, dass die erbrachten Dienstleistungen in Anbetracht ihres objektiven Inhalts nicht als für die Zwecke der gesamten steuerpflichtigen Tätigkeit der GmbH getätigt betrachtet werden können.

Eine Nacherklärung von Einkünften führt bei einem ausreichend hohen vortragsfähigen Verlustabzug mangels Schadens nicht zu einer persönlichen Haftung als Steuerhinterzieher (FG Niedersachsen, Urteil vom 11.6.2012, 11 K 257/10).

Ein Eigentümer von grundstücksgleichen Rechten, der an einem Unternehmen wesentlich beteiligt ist, haftet nach § 74 AO auch mit den grundstücksgleichen Rechten (z.B. einem Erbbaurecht), wenn die betroffenen Rechte dem Unternehmen als Betriebsgrundlage dienen (vgl. BFH, Urteil vom 23.05.2012, VII R 28/10).